Zufrieden sein kann man lernen.

Auf der anderen Seite ist das Gras immer grüner - so scheint es. Ist es aber in Wahrheit gar nicht. Ein Plädoyer für individuelles Glücksempfinden.

Zufriedenheit. Das ist einer dieser Begriffe, den man gedanklich ins oberste Regal stellt. Da, wo keiner rankommt und man ihn täglich, wie eine antike Kostbarkeit, bewundern kann, ohne dass man je etwas damit anfängt. Zufriedenheit ist etwas, da kommt nichts und niemand wirklich ran. Eine ungefähre Annäherung, ja, das klappt schon irgendwie, aber mehr ist selten drin. Ein schwaches „Ja, im Grunde passt’s eh…“ können sich viele noch abringen, wenn man sie nach ihrer momentanen Befindlichkeit befragt. Aber woher kommt eigentlich unsere allgemeine Unfähigkeit, mit unserem Leben und uns selbst im Reinen zu sein? Geschweige denn: Glücklich zu sein? Warum ist das Gras auf der anderen Seite immer grüner? Und warum sabotieren wir unser Glück ständig selbst?

Lerne zufrieden und glücklich zu sein ©weheartit.com

Die Freundin mit ihrer eigentlich perfekten Beziehung ist eigentlich gar nicht mehr so happy. Sagt sie im Ladies Talk, den wir uns viel zu selten gönnen. Sie gestikuliert wild, während sie spricht, dabei schwappt etwas von ihrem Weißwein auf den Tisch. Seit einem Jahr sind sie nun zusammen. „Ich ertappe mich dabei, wie ich mit anderen flirte. Ich vermisse mein Single-Leben.“ Autsch. Ich versuche, nicht zu urteilen, höre mir ihre Geschichte an, nicke verständnisvoll. Gelegentlich ein „Ja, stimmt schon.“ hält sie bei Laune. Irgendwann begreife ich, dass ich ihr ungewollt und eher aus Höflichkeit beipflichte, obwohl ich nicht ihrer Meinung bin. Weil ihr Freund nicht nur gutaussehend und erfolgreich ist, sondern sie wirklich, wirklich liebt. Das sieht jeder - außer sie selbst. Ich beschließe, zurückzurudern. „Aber ein richtiges Problem sehe ich da jetzt nicht. Ich finde, du tust ihm Unrecht.“ Sie schaut mich an. Erst erstaunt, dann nachdenklich. Ich bemerke, wie sie gedanklich abschweift. Mir wird eines klar: Man muss Glück erkennen wollen.

Das größte Problem sind die Vergleichsmöglichkeiten. Und das wissen wir ja selbst: Instagram, Facebook, Twitter und Co. versorgen uns täglich mit Infos über Menschen, die wir zum Teil gar nicht mal persönlich kennen, die aber in ihrem perfekt gefilterten Leben all die Dinge zu haben scheinen, die wir so schmerzhaft zu vermissen glauben. Alles dreht sich darum, sich dem Ideal möglichst anzunähern. Perfekter Körper. Perfekter Job. Perfekte Freunde. Perfekter Style. Aber viele unserer Bedürfnisse sind gemacht, konzipiert, konditioniert - also antrainiert. Dieser ewige Vergleich macht nicht glücklich, im Gegenteil: Er lenkt von der individuellen Vorstellung von Glück ab. Ständiges Linksrechtsschauen, das ist, wie in einer dieser Szene-Bars zu sitzen, und ganz genau zu wissen, dass kein einziger Gast wirklich Spaß hat: Es geht nur um das Sehen und Gesehen werden. Alles dreht sich darum, wie es nach außen hin wirkt.

Die sozialen Medien sind immer mit dabei. Der Standort oder das Partybild wird immer geteilt. ©iStock

Dabei machen Geld, Beliebtheit, Schönheit und der Indikator für all das (nämlich Likes) auf die Dauer nicht glücklich. So hat das Forscherteam unter Princeton-Professor Angus Deaton herausgefunden, dass Geld zwar schon glücklicher macht, ab 75.000 Dollar (ca. 61.000 Euro) Einkommen pro Jahr findet aber keine Glückssteigerung mehr statt. Glücksempfinden wächst nicht linear mit dem Einkommen. Scheinbar ähnlich verläuft es mit Beliebtheit und Ruhm: Das 18-jährige Instagram-Starlet Essena O’Neill brauchte drei Jahre und 700.000 Follower, bis sie begriff, dass Perfektion, die nur auf die Wertschätzung anderer ausgerichtet ist (oder auf temporäre Werbepartner), auch nicht wirklich happy macht. Sie hat viele ihrer Social Media Kanäle kurzerhand deaktiviert und propagiert nun bewusstes Leben, abseits von Social Media.

Dabei wäre Zufrieden sein doch gar nicht so schwer...

Akzeptiere Dinge, die du nicht ändern kannst.

Zufriedenheit bedeutet, auch mal Gefühle anzunehmen, die im Moment vielleicht unangenehm sind. Auch mal sagen zu können „Okay, ich fühle mich jetzt unsicher, neidisch, verletzt, aber ich weiß, dass dieses Gefühl wieder vergeht.“. Aufhören, zu leugnen und anfangen, ehrlich zu sich selbst zu sein. Begegne diesem Gefühl von Angesicht zu Angesicht, nimm es an - und lass es los!

Dankbar sein.

Eine ganz einfache Methode sorgt für mehr Dankbarkeit in deinem Leben: Vor dem Einschlafen drei Dinge überlegen, die heute gut gelungen sind oder die du als schön und angenehm empfunden hast. Diese entweder laut aufsagen - oder in ein Tagebuch schreiben!

Pause vom Ego.

Versuche gelegentlich, deinem Ego-Zirkus zu entkommen und anderen Menschen eine Freude zu bereiten, denn verkopfte Narzissten, wie wir sie nun mal alle manchmal sind, brauchen dringend Pausen vom eigenen Gedankenchaos: Schenke deiner besten Freundin Blumen, eine handgeschriebene Karte und ein bisschen Aufmerksamkeit - und erfreue dich an ihrer Freude! Lade Menschen zum Essen ein, schenke ihnen die Herzlichkeit, die du selber ja auch gerne fühlst. Sei der Mensch, bei dem sich andere Menschen wohlfühlen. Sei der Mensch, der andere einfach in den Arm nimmt, ohne groß nachzudenken.

Mache anderen eine Freude und genieße das Gefühl ©iStock

Hör auf, an den falschen Enden zu sparen.

Verschleudere deine Fähigkeit, zu Lieben. Hör auf daran zu denken, dass du eventuell verletzt werden könntest. Stürz dich ins Leben, fühle jede einzelne Emotion mit jeder einzelnen Zelle deines Körpers. Du besitzt die Fähigkeit, zu lieben, nur deshalb, damit du sie mit anderen teilst. Und wie sagt man so schön? Liebe ist das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt.

Streiche Energieräuber aus deinem Leben.

Lästern, Neid und Unausgesprochenes vergiften deinen Geist und machen dich krank - spiel dich frei, von diesen Energieräubern! Jeder Mensch tut sein Möglichstes, du hast also kein Recht, über andere zu urteilen. Und meistens machst du das ja auch nur, um von dir selbst abzulenken, stimmt’s? Das Gleiche gilt übrigens für zu viel Party, für Menschen, die dir eigentlich nicht gut tun und für jedes einzelne Mal, wenn wir nicht auf unser Bauchgefühl hören.

Der Blick in die Zukunft.

In Krisen in Beziehungen, im Job und in Zeiten der Krankheit gibt es nur eines zu tun: Durchhalten. Wer immer aufgibt, wenn es schwierig wird, hat verloren, bevor der Kampf überhaupt erst vorbei ist.

Die einfachen Dinge.

Wann spürst du dieses warme Glücksgefühl in deiner Brust? Wenn du sonntags mit Zeitung, Kaffee und deiner Lieblings-Spotify-Playlist im Bett liegst? Wenn die Sonne beim Herbstspaziergang deine Haut wärmt? Wenn du mit deinen drei besten Freunden ein wirklich gutes Essen genießt? Wenn du guten Sex mit jemandem hast, mit dem du mindestens so gut lachen kannst? Ja? Dann mach diese Dinge doch einfach öfter! Am besten mal anstatt wöchentlich drei Mal feiern zu gehen oder nur an den Haushalt zu denken. Es gibt wichtigere Dinge im Leben. Und dein persönliches Wohlbefinden zählt dazu.

Spazieren gehen.

Stressgeladen von der Arbeit heimkommen sorgt meistens für Streit mit dem Partner und der Familie. Wie wäre es, wenn du die Anspannung des Tages einfach "weg spazierst"? Lege zumindest einen Teil deines Nachhauseweges zu Fuß zurück, hör dabei Musik, die dich entspannt, lass den Stress des Tages hinter dir und freue dich auf den Abend mit deinen Liebsten.

Geduldig sein.

Man kann sich nicht jede Sekunde im Leben überglücklich fühlen, mal ganz ehrlich. Aber man kann sich auf das nächste Hoch freuen (das ganz bestimmt kommen wird!). Was hilft: Plane deine nächste Reise, das nächste Konzert, die nächste Mädelsrunde, plane die nächsten Stunden, Tage und Wochen und fülle sie mit Momenten, Menschen und Tätigkeiten, die dir gut tun - Vorfreude ist die schönste Freude!

Sehen, was man hat.

Oft reicht es, sich einmal mehr umzudrehen, anstatt immer nur sehnsüchtig schmachtend dem nachzuhängen, was man gerade nicht hat. Den Partner, die Familie anzusehen und zu wissen, wie wertvoll diese Beziehung ist: Das geht, wenn man will. Es geht darum, sich diese Dinge immer wieder ins Gedächtnis zu rufen.

Karriereflucht vermeiden.

Wenn die Zeiten hart sind, flüchtet man sich in die Arbeit. Was nichts anderes ist, als die einfachste Art der Ablenkung. „Ich muss“ ist ein sehr wirksames, sehr tückisches Manöver im 21. Jahrhundert, um sich nicht mit den eigenen Dämonen auseinandersetzen zu müssen. Ein Projekt zu haben, etwas, worauf man sich konzentrieren kann, kann natürlich helfen. Aber Verdrängung allein war noch nie der Schlüssel zu mehr Besonnenheit - und wird auch nie der Schlüssel zu absoluter Zufriedenheit sein.

Reisen.

Ja, schon klar: Reisen kann teuer und mit ziemlichen Aufwänden verbunden sein. Aber ein Ticket buchen, sich Urlaub nehmen, packen und zum Flughafen fahren, schaffen wir alle gerade noch. Es müssen auch nicht drei Weltreisen im Jahr sein: Wie wäre es, wenn du dir jedes Jahr eine Woche Zeit nimmst, um eine Region zu erkunden, in der du noch nie warst? Reiße gedankliche Barrieren ein und stürze dich ins Abenteuer!

Belohne dich und entdecke verschiedene Ort ©iStock
geschrieben am 09.11.2015
Artikel teilen auf:
empfehlungen
"));