Slum-Shitstorm: Die Geissens haben nichts falsch gemacht!

Ein Shitstorm ging über den Geissens nieder. Ihr Werbepartner hat sie rausgeschmissen. Und dabei waren sie bloß mit der Yacht im kolumbianischen Slum. Was ist denn falsch daran?

Carmen und Robert Geiss sorgen für Aufsehen ©Gettyimages

Die Geissens sind ihren Werbevertrag los. Sonnenklar.TV hat das deutsche Lieblings-Proll-Paar rausgeschmissen. Und dabei waren sie doch bloß im Urlaub und haben ein paar Fotos gemacht. Und weil die beiden ihr Privatleben und das ihrer Kinder am liebsten mit der ganzen Welt teilen würden und es tatsächlich einen Haufen Leute gibt, die das interessiert, haben sie die Fotos auch gleich auf Facebook gepostet.

Und dann kam der Shitstorm. "Erbärmlich" sei das, "geschmacklos" und "niveaulos", "schämen sollten" sich die Geissens usw. usf. Sonnenklar.TV bescheinigte den beiden daraufhin auch gleich den kompletten Verlust des Realitätsbezugs und beendete den Werbedeal. Die Reaktion von Pretty-in-Pink-Lady Carmen Geiss war gewohnt dickhäutig: „Neid und Eifersucht sind Krankheiten - gute Besserung“ postete sie zurück. Damit war das Thema für sie fürs Erste erledigt.

Aber ist das Thema denn erledigt? Was ist das Thema überhaupt? Warum sind die Geissens denn den Werbevertrag los? Warum empören sich die Geissens-Fans? Weil reiche Leute samt eigener Yacht ein Township besuchen? Weil sie dort Fotos mit Einheimischen machen? Weil sie auf den Fotos lachen? Weil sie die "Schaut-mal-ich-bin-im-Slum-Fotos" dann im social network posten? Mal ganz nüchtern betrachtet: Was ist denn daran falsch?

Falsch ist daran gar nichts. Dämlich ist es. Weil's wie komplett unreflektiertes Armut-Sightseeing ausschaut. Ist es möglicherweise nicht. Aber das bigotte Diktat politischer Korrektheit ist mittlerweile allgegenwärtig. Sogar bei den Promi-Proll-Fans. Die Carmen mag's gedacht haben, der Robert vielleicht auch, aber gesagt haben sie es nicht: Ein oder zwei Sätze über schreckliche Lebensbedingungen, über den stetig zunehmenden Abstand zwischen Armen und Reichen, über Ungerechtigkeit, soziale Ungleichheit, verwehrte Chancen und die Bedrohung des Weltfriedens und natürlich wie dankbar sie sind, dass es ihnen so gut geht - das hätte ihnen möglicherweise eine Menge Werbeerlöse gerettet. Oder man hätte ihnen maßlose Arroganz unterstellt. Vielleicht beides? Wer weiß.

Man könnte den Geissens maximal fehlendes Fingerspitzengefühl vorwerfen. Aber mal ehrlich: Das sind DIE GEISSENS. Hand hoch, wer ernsthaft Grundlagen humanistischer Bildung oder moralische Sensibilität erwartet hat. Niemand? Ach nee.

geschrieben am 20.01.2016
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